Eine Tournee im August, aber nicht irgendeine: Die Pretty Days Festival Tour hat es sich zur Aufgabe gemacht, dem nun schon zweiten ruhigen Sommer in Folge zu trotzen und bei acht Terminen quer durch Deutschland zumindest jeweils einen weiteren Tag mit Konzerten zu füllen. Mit RAZZ, Shybits und Luke Noa sind drei unterschiedliche Bands und Künstler:innen dabei – von poppig sphärischem Indie über Post-Punk zu Singer-Songwriter – die jede:r für sich schon ein Erlebnis sind. Alles Open-Air und den aktuell geltenden Corona-Regeln konform.
RAZZ meldeten sich nach fast zwei Jahren Funkstille Ende 2020 zurück: Mit den beiden Singles „1969 – Conrad“ und „Like You“ katapultierte sich die Indie-Rock Band aus dem Emsland zurück auf den Radar. Am 18.06.2021 erschien ihre EP „Might Delete Later“. Wenn es eine Bucket-List für Bands gäbe, dann hätten RAZZ bereits mit Mitte 20 etliche Punkte abzustreichen: das Debütalbum mit 18 und damit direkt in die Charts, zwei Jahre später die zweite LP, Auftritte beim Lollapalooza, Hurricane Festival, Rock am Ring, auf Tour mit Kraftklub, Bloc Party und Mando Diao. All dies neben eigenen Headliner-Tourneen. Anfang 2019 dann die wohlverdiente Pause, die eigentlich keine Pause war, sondern ein Moment zum Durchatmen und Ausprobieren – sich selbst zu finden und den eigenen Sound auszubauen. Stellenweise klingen RAZZ poppiger, sphärischer und insgesamt zwangloser, aber bleiben stets dem Indie-Sound treu.
Shybits gründeten sich 2017 in Berlin und mauserten sich innerhalb kürzester Zeit zu “Your favortive artist’s favorite artist”. Mit ihrem Mischmasch aus Post Punk, Psych, Grunge, Surf, Garage, Harmonien und Geschrei machten sie bereits Musiker:innen wie Drangsal, Ilgen Nur, Odd Couple, Art Brut und Gurr zu ihren Fans. Letztere begleitete das multikulturelle, in Berlin ansässige Trio, bestehend aus der Schlagzeugerin Meghan (Südafrika), dem Bassisten Piero (Italien) und dem Frontmann, Gitarristen und Lead-Sänger Liam (Großbritannien) bereits als Support auf ihrer Tour. Shybits haben unglaublichen Spaß an ihrer Musik und vermitteln diesen komplett ungefiltert an ihr Publikum. Wenn bei ihren Liveshows eine Sache nicht Programm ist, dann die Bedeutung ihres Bandnamens, nämlich: ein kleines Stück, Teil, oder Menge von etwas, nervös oder ängstlich im Umgang mit anderen.
Luke Noa ist gebürtiger Biberacher, aufgewachsen in der Nähe von Zürich. Von dort zog es ihn zurück in seine alte Heimat, um dort auf eine Musikschule zu gehen und im Jugendalter seine erste Band zu gründen, Songs zu schreiben und live zu spielen. Das damalige musikalische Vorbild: Mumford&Sons. Durch den Sieg bei einem Bandwettbewerb, zu der Zeit noch als Luke Noa and the Basement Beats, folgt der erste große Gig – auf dem Southside Festival. Ab da ging alles ganz schnell: Als Solokünstler spielte der Singer-Songwriter Support für Rikas, GoGo Berlin und, wenn Corona nicht gewesen wäre, auch Fil Bo Riva. Nach dem Abi zog er in die Hauptstadt, um sich voll der Musik zu widmen und veröffentlichte im Mai dieses Jahres seine zweite EP “Bleach”. Von den Anfängen im Folk ist jedoch nicht mehr viel zu hören, Luke Noa macht international klingenden Indiepop, der, wenn man nicht um seine Herkunft wüsste, auch problemlos der nächste große UK-Export sein könnte.
Das Publikum darf sich bei der Pretty Days Festival Tour auf einen ausgedehnten Abend voll erstklassiger und leidenschaftlicher, handgemachter Musik freuen, den es in dieser Kombination erst wieder auf einem der sehnlichst vermissten Festivals geben wird.